Spanienurlaub Ostern '94

 

Die Fahrt

Als Teilnehmer hatten sich 12 Leute angemeldet, hauptsächlich Bergbabys. In dem einen Auto fuhren Heinz, Beate, Reike, unser Alterspräsident Carl und seine zeitweilige rassige Freundin Carmen. In meinem saßen neben mir die Gebrüder Lützner, Glatze und als Quotenrohnspitzler Mörsi. Der "Herr Libbsch" reiste ständig mit der Bahn hinterher.

Als erste Station auf unserer Fahrt in den Süden steuerten wir nach einer Non-Stop-Fahrt das Bergdörfchen Siurana an. Unter nur zweimaligem Aufsetzen und nur mit mir selbst und den Rucksäcken der Bergkameraden beladen erklomm mein Passat die schrofige Schotterstraße auf das Hochplateau. Dafür wurden wir mit einem Klettergebiet belohnt, das alles bietet: eine herrliche Aussicht, super Kletterwege mit Schlafterrassen am Wandfuß und romantischem Sonnenuntergang inklusive. Klettersportlicher Höhepunkt unseres Kurzaufenthaltes war zweifellos die von Glatze vorgestiegene Verschneidung Sense massa piano (6c), bei der alle kämpften und Carl unter massivem Anfeuern der umherstehenden Bergkameraden erneut seine ausgefeilte Fußtechnik unter Beweis stellen konnte.

Weiter ging’s nach Calpe zum Penon d’Ifach. Die Kletterei hoch oben über dem Meer ist immer wieder schön und das anschließende Meeresfrüchteessen ein Muß, wobei nicht jedermann’s Sache.

Als vorletzte Station vor unserem Endziel El Chorro steuerten wir noch Lleiva an. Auf der Fahrt dahin kam es zu einem unschönen Zwischenfall, infolge dessen Al vor die Wahl gestellt wurde, seine Socken aus dem Fenster zu entsorgen oder zu Fuß weiter zu gehen. Das Klettergebiet bei Murcia besteht aus einer wunderschönen 120m hohen Wand mit bestens präparierten Routen. Beate paßte, während wir kletterten, wie so oft in ihrer Hängematte liegend auf unsere Autos auf und bediente sich dabei aus ihrer reichhaltigen Reisebibliothek. Die Klettererlebnisse des Tages wurden wie üblich in einer gemütlichen Cervezeria bei der einen oder anderen Literflasche Bier ausgewertet. Glatze und Ralle, unser schlagkräftigstes Team, mußten sich noch mit einer "Local-Mannschaft" (Durchschnittsalter ca. 65 Jahre) im Tischfußball messen. Über den Ausgang des Spiels breiten wir dezent den Mantel des Schweigens.

Heinz & Co traten hier die Fahrt nach Hause an, die Passatbesatzung rollte weiter in Richtung Süden.

 

El Chorro

An einem wunderschönen Sommernachmittag gegen 16.00 Uhr erreichten wir nach 3000 km Fahrt schließlich die gemütliche Bahnhofsbar von El Chorro, Dreh- und Angelpunkt des bei Engländern und Iren gleichermaßen beliebten Klettergebietes. Das mußte natürlich gebührend mit einigen San Miguel gefeiert werden. Später stieß dann noch mein Freund Andrew aus Huddersfield, West Yorkshire, UK zu uns, trank erst Milch und "after nine" auch Bier.

Als nach 21.00 Uhr dann schon Lippl mit dem letzten Zug ankam und wir uns zur Begrüßung vom Tisch mit unseren Gläsern und einem kräftigen "Höja" erhoben, riß es spontan auch die 20 bis 30 englischen Berg-/Bierfreunde mit in die Höhe. Was für ein Empfang; Lippl dachte schon, er wäre im falschen Film. Überhaupt wurden die netten sympathischen, blassen, rothaarigen, mit großem Sonnenhut und Lichtschutzfaktor 24 ausgerüsteten Menschen in der folgenden Woche zu unserer ständigen Begleitung.

Den von uns am häufigsten frequentierten Sektor Los Cotos erreicht man nach Durchquerung zweier Eisenbahntunnel über einen halsbrecherischen, maroden Steg ohne Geländer und in 150 Metern Höhe. Nach anfänglicher Überwindung und An-der-Wand-lang-tasten mit schwerem Kopf legten auch wir unsere Scheu ab, als wir sahen, wie uns zugekiffte spanische Schulklassen mit großen Rucksäcken (Zelt, Isomatte für quer), linke Hand Schlafsack und rechte Kassettenrecorder, entgegenkamen. Einer feuerte gar, auf einem schmalen Felsband tief über dem Abgrund sitzend und im Walkman wahrscheinlich laute Grungemusik hörend, seine Pistole ins Tal ab.

Vom Klettern her für mich persönlich sicherlich nicht das schönste, war das Gebiet von El Chorro doch sehr beeindruckend und reich an Erlebnissen. Geschlafen haben wir auf der imaginären Grundstücksgrenze zweier verfeindeter Nachbarn, Al in der Eselsscheiße und bezahlt haben wir nach vielen Streitereien mit dem Pächter nicht. In einer Blitzaktion wurden die Zelte abgerissen, sich laut hupend von den irischen Bergkameraden verabschiedet und der uns mit dem Moped nachknatternde Besitzer erstickte in einer Wolke aus Staub irgendwo in der heißen Sonne Andalusiens.

 

Die Rückfahrt

Auf dem Rückweg machten wir am Ostersonntag im erzkatholischen Granada halt und wurden von den Feierlichkeiten zur Kreuzigung Jesu, von uns auch liebevoll Kapuzenfest genannt, völlig überrascht. Bei stundenlangen Zeremonien schleppten jeweils ca. 40 Paar Schuhe prunkvoll mit Figuren, Blumen, Gold und Kerzen geschmückte "Wagen" durch die engen Gassen. Höhepunkt am späten Abend dann war zweifellos die Szenerie auf dem Marktplatz der Stadt, wo jedes Murmeln oder Quatschen durch lautes Zischen und "Pssst!" der umstehenden Massen unterbunden wurde. Nach 1,5 Stunden spannungsgeladener Atmosphäre in völliger Dunkelheit passierte - nichts. Für uns ein Heidenspaß.

Während die Gebrüder Lützner und ich uns in Granada umsahen, unternahmen die anderen einen Ausflug in die Schneesülze der nahegelegenen Sierra Nevada. Zum Kulturprogramm gehörte noch die Besichtigung der Festung Alhambra. Al mit seinem südländischen Aussehen nach einer Woche Urlaub besorgte die Eintrittskarten, indem er an hunderten Wartenden vorbei direkt zur Kasse ging und die wütenden Einwürfe der deutschen Touris mit einem trockenen "no comprendo" abtat.

Wieder auf dem Rückweg haben wir noch einmal unter dem angeblich klarsten Sternenhimmel Europas übernachtet, in der Westernlandschaft zwischen Lorca und Guadix. Allerdings war die andalusische Prärie so einsam nicht, denn am nächsten Morgen rollten tonnenschwere Kieslaster unmittelbar an unseren Schlafsäcken vorbei und holten uns in die Gegenwart zurück. Einige Temperaturverwöhnte haben in dieser Nacht wohl ganz schön geklappert, aber es sollte nur eine Einstimmung sein auf unsere wirklich letzte Übernachtung auf dem Zeltplatz in Buoux, wo Heinz trotz Feuerverbot aufgrund der akuten Kälte am Abend einen gemütlichen Flächenbrand mit einem blockhüttenmäßig geschichteten Lagerfeuer entfachen wollte und am nächsten Morgen der Tee in den Kochtöpfen gefroren war.

© Paulaner

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