Indien / Nepal - 1991/92

 

Am 18.Oktober 1991 war es soweit. Mit TAROM, der rumänischen Fluglinie ging es via Bucarest mit mehreren Stunden Aufenthalt (schon einige alkoholbedingte Ausfälle waren zu verzeichnen) nach Calcutta. Dort angekommen waren wir - Badde, Börge, Glatze und Ali - natürlich sofort schlauer als alle anderen. Wir kauften kein Ticket für ein Taxi zum festen Preis, sondern wollten verhandeln (wir hatten uns sagen lassen, daß man um alles handeln muß). Als sich dann nach dem Verlassen der von Uniformierten wohlbehüteten Flughafenhalle ungefähr 20 Leute auf uns stürzten und wir unser Gepäck schon entschwinden sahen, sind wir genervt irgendwo eingestiegen und haben natürlich viel mehr bezahlt als am Schalter.

Unser Ziel war die Sudder Street. Dort sollte es viele gute Unterkünfte geben und so haben sich Glatze und ich auf die Suche nach einem Zimmer gemacht. Irgendwie waren wir nicht so glücklich. Wir zogen einen Feuchtraum den Ratten und Kakerlaken in anderen Zimmern vor. Irgendwie wollten wir alle gern so schnell wie möglich wieder nach Hause.

Nachdem wir uns das Treiben in der 10 Mio. Stadt mit den riesigen sozialen Gegen-sätzen, den gigantischen Slums am Howrah-River, den von barfüßigen Bengalis gezogenen Rickshaws und den Unmengen Bettlern, teilweise erheblich verstümmelt, 4 Tage lang zu Gemüte geführt hatten, wobei ein gewisses Kauffieber für Lederruck-säcke ausbrach, machten wir uns auf den Weg nach Darjeeling. Zunächst gemütlich im 2nd sleeper (Schlafwagen ungefähr wie die Liegewagen in der DDR nur ohne Abteiltür), dann frierend auf dem Busdach (da wir wieder mal schlauer als alle anderen waren, die sich im Bus drängelten).

Als wir dann früh aufwachten trauten wir unseren Augen kaum - der Kangdchen-dchönga thront gewaltig über der Hügellandschaft Sikkims. Wir machen Bekanntschaft mit den teilweise recht gefährlichen Busfahrten, erleben auf einer ersten 5tägigen Trekking-Tour immer neue Ansichten des östlichsten Achttausenders und Glatze erlebte den ersten richtigen Dünnpfiff (er traute sich nicht in den Schlafsack zu kriechen, weil er Angst hatte nicht rechtzeitig rauszukommen) während Badde eine Woche lang überhaupt nicht konnte ... Dann machen wir einen Abstecher nach Sikkim. Dort ist das Kloster Rumtek wohl unser beeindruckendstes Erlebnis - großartige Gebetszeremonien mit ständigem Gemurmel und Om, die überhaupt kein Ende finden.

Dann geht es nahezu nonstop in 24h nach Kathmandu. Wir haben nichts gelernt und frieren erneut jämmerlich als es Nacht wird. In Kathmandu sind wir von der gemütlichen Altstadt angetan, aber auch von Tuborg (Wer die Welt kennt ...) und Star Beer (brewed under German collaboration). Wir machen eine Rafting-Tour mit anschließendem Chitwan Nationalpark Besuch. Dort stapfen wir durch die Prärie auf der Suche nach altersschwachen Nashörnern, schippern auf dem Einbaum übern Fluss und reiten auf Elefanten in den Sonnenuntergang...und Badde wird richtig darmkrank ...

Zurück in Kathmandu kommt uns bei reichlich Bier die Idee des Sechstausenders im Langtang (auf der Karte sieht das ganz einfach aus und gelesen haben wir ja alle schon vom alpinen Bergsteigen ...). Wir leihen Pickel, aber keine Steigeisen, kaufen Müsli ... und los geht`s, zunächst mit dem Bus bis Dhunche (13h für 130km, 4 Reifenpannen). Am nächsten Tag starten wir voller Tatendrang durch.- von 1900m auf 3800m. Nun macht sich die gründliche Planung unserer Tour bezahlt. Anstatt bei Sonnenuntergang in die Hütte zum Feuer zu kriechen, sehen wir zu wie innerhalb von Minuten unser Wasser in den Flaschen (!) gefriert und kriechen zu viert in unsere gemütliche 99,-DM-Aldi-Burg. Badde verträgt die Höhe nicht – er fängt schon nach kurzer Zeit an zu halluzinieren und muß noch in der Nacht in eine tiefergelegene Hütte gebracht werden.

Am nächsten Tag stehen wir 3 Verbleibenen wie gerädert auf, kriechen (im wahrsten Sinne des Wortes) auf 4200m, um dann einen Fünftausender zu bezwingen. Genialer Ausblick über den Wolken bis hin zur Annapurna-Gruppe. Allerdings hat nun Börge erhebliche Probleme und legt einen ganz unkonventionellen Laufstil an den Tag – er rennt 50m und fällt dann ins Gras und japst nach Luft ... Während ich bei großartiger Stimmung mit dem Foto beschäftigt bin, bringt Glatze unseren einzigen Steuerzahler gut nach Hause.

Am nächsten Tag greifen wir unseren nun erholten Badde auf und steigen ins Langtang-Tal ab. Abends feiern wir unser Wiedersehen gebührend mit Star-Bier und kommen am nächsten Tag erst mittags los und im Dunklen an ...

Dann sehen wir unsere 6000er. Alle mit unserer Ausrüstung unbezwingbar! Wir schlappen ans Ende des Langtang-Tales und verabschieden Börge, der zurück zur Schicht nach Ulm muß. Wir 3 schauen uns noch ein paar Tage den 5000m-Paß an, der ins Helambu-Gebiet und nach Kathmandu führt und entscheiden dann, daß er zu steil ist. Also zurück. Dabei wandern wir auf der nördlichen, relativ unberührten Talseite entlang und genießen Reis mit grünem, bitterem Gras, welches als Vegetable deklariert war. Dann fahren wir für wenig Geld mit einem Jeep nach Kathmandu und können so doch noch Börge verabschieden – sein Glück, sonst wäre er wohl heute noch dort, denn er hatte zwar Flug-Mollen, aber kein Geld für die Abflug-Taxe ...

Während Glatze noch einige Zeit in Kathmandu beim Handeln und Bier-Trinken verbringt, ziehen Badde und ich gen Annapurna-Massiv und dann weiter nach Indien ... und kommen schließlich im Juli 1992 wieder in Dresden an (wir sollen wie Strübich und Kemptner, die 2 Jahre in libanesischer Gefangenschaft waren, ausgesehen haben und unser erster Gang war ins Tropeninstitut um Salmonellen, Lamblien und Würmer zu bekämpfen ...).

Eine schöne und erlebnisreiche erste Bekanntschaft mit dem Himalaya. Aus den Fehlern haben wir gelernt.

 

Ali , 1999