Pakistan 1993 - Heimreise via Iran und Türkei

Nach 7wöchigen Entbehrungen in den Bergen des Karakorum wollten wir es uns endlich wieder einmal gut gehen lassen. Das grosse Fressen begann schon in Karimabad und endete vorerst damit, dass Eddy nicht transportfähig war, als es nach Gilgit weitergehen sollte. Er musste unter Aufsicht von Badde zurückgelassen werden. Auch ich entwickelte grössere Probleme auf der Fahrt und stellte die Geduld des Fahrers unseres Minibusses auf eine harte Probe. Trotzdem hat es mir kurz vor Gilgit fast die Gedärme zerfetzt. Danach habe ich 3 Nächte zu wenigstens 50% auf dem Klo verbracht ... (was mich nicht vom "all you can eat - Buffett" abgehalten hat).

Als dann alle wieder "auf dem Damm" waren, begaben wir uns mit der restlichen Schulti-Nahrung auf die "Märchenwiese" zu Füssen des Nanga Parbat. Dieser wirklich idyllische Ort liegt auf der Nordseite über dem Industal. Von dort aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Rhakiot-Flanke des "Schicksalsberges der Deutschen". Von hier gelang nach mehreren Fehlschlägen und nicht gerade wenigen Toten (die dem Berg den schönen Namen Killer-Mountain einbrachten) Hermann Buhl der legendäre Alleingang zum Gipfel...

Wir hatten die Möglichkeit in Gilgit einen Jeep zu chartern - was uns jedoch zu teuer war. Also fuhren wir zunächst mit dem Bus zur Rhakiot-Brücke, von wo aus die steile Strasse bis zur letzten Ortschaft beginnt und warteten bei "gleen tea one". Es wurde später und später. Als dann endlich ein Jeep kam, hatte dieser natürlich gute Karten bei der Verhandlung über das entsprechende Beförderungsentgelt. Da der Jeep recht klein war und auch noch eine Knödelbirne mit Freundin mitwollte, teilten wir uns - zunächst Badde, Ralle und ich. Die Fahrt dauerte länger als gedacht, auch der Weg zu einem Zeltplatz war weiter als erwartet ... also kam es wie es kommen musste - eine Gruppe hatte die Kocher und die andere die Töpfe und beide nichts zu essen. Nun ja, es war auszuhalten und früh brachte uns ein Ziegenhirte Milch und einen Topf. Wir identifizierten ihn später als ehemaligen Träger der Knödelexpedi-tion. Am Nachmittag trafen wir uns dann alle wieder auf der Märchenwiese - nur Eddy kam mit reichlicher Verspätung (er hatte eine Abkürzung gewählt).

Wir haben einige Tage lang NICHTS gemacht, Kindern den Ball gemopst und für das Bergsteigerfussbalturnier trainiert, den "Schwarzen Afghanen" kennengelernt und immer wieder den gigantischen Nanga Parbat bestaunt. Für den Zeltplatz-besitzer waren wir ein schlechtes Geschäft, denn gute Kundschaft "isst bei ihm und sch... woanders" - wir hatten Essen und weiches Papier dabei...

Dann ging es den Karakorum Highway wieder abwärts ... erneut 17h von Gilgit bis Rawalpindi. Kurz vor Sonnenaufgang hatte der Fahrer wohl ein Nickerchen gemacht, jedenfalls hätte uns beinahe ein Baum im Weg gestanden - dann ging es wieder ruhiger zur Sache.

Nun wollten wir (von den Erzählungen erfahrener Auslandsarbeiter angesteckt) endlich wieder ein Bier`chen zu uns nehmen, aber es sollte nicht sofort sein. Im ersten Hotel sahen wir schon die Bierkästen, aber es gab dieses nur auf Trinker-Permit. Den berühmten UN-Club haben wir nach langem Suchen zwar gefunden, aber der Barkeeper war gerade mit dem Schlüssel nach Hause gegangen...

Ralle, Glatze und Effendi haben diese Oase in der Wüste dann noch oft besucht... Wir anderen wollten uns noch Lahore anschauen - die wohl schönste Stadt in Pakistan ! Die Altstadt mit dem grossen Basar ist eine Augenweide. Dort hatte ich dann die "Faxen dicke" und habe den Behördenaufwand nicht gescheut und mir ein Trinker-Permit besorgt. Damit konnten wir dann pakistanisches (!) Bier kaufen, welches jedoch mit dem selbigen deutschen Begriff nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Während die 3 UN-Club`ler direkt nach Quetta flogen, setzte ich mich mit Eddy in den Zug - gute 20h und wir hatten nur einen Liegeplatz ... In Quetta angekommen hatten unsere 3 Kameraden bereits beschlossen, dass Quetta ein Nest sei wo es nix zu sehen gäbe und es ging sofort weiter an die iranische Grenze. Diesmal per Bus mit lauter Schmugglern als einzige Touris etwa 12h über Nacht ...

Das Grenzdorf war das Trostloseste was ich bisher gesehen habe - überall Dreck und Sch...haufen. Wir haben uns nicht getraut irgendetwas zu essen...

Bei den Grenzbeamten gab es dann erneut Spass. Sie konnten unser Visum nicht lesen, waren nicht in der Lage das Gültigkeitsdatum zu deuten und die Botschaft in Berlin gab es inzwischen nicht mehr... Mit Geduld und Verhandlungsgeschick gelang uns schliesslich die Einreise in die Islamische Republik Iran.

Geld zu tauschen war an Grenze nicht möglich - wozu auch. Also hatten wir nur die paar Scheine, die wir schwarz gegen unsere restlichen Rupien eingetauscht hatten. Diese gingen zum Grossteil für die Taxifahrt in die nächste Stadt drauf. Dort wurden wir zu einer Busstation gebracht. Gott sei Dank sprach dor einer englisch. Wir konnten ihm verständlich machen, dass wir Geld brauchen (wer tut das nicht). Er zitierte einen Taxifahrer heran und schickte Ralle und mich mit diesem los. Wir kamen tatsächlich zu einer Bank - wo irres Gedrängel herrschte. Doch der weisse Mann wurde mit Hilfe bewaffneter Uniformierter von hinten an den Schalter mit der längsten Schlange geführt. Dort wurden unsere Cash-Dollar (Traveller-Cheques gingen nicht) entgegengenommen und wir erhielten eine Quittung. Damit durften wir uns an einem anderen Schalter anstellen, wo es für die Quittung eine Marke gab und dafür gab es dann am nächsten Schalter ungefähr ein Kilo Scheine. So "bewaffnet" bestiegen wir den Bus gen Zahedan, von wo aus es nach Shiraz weitergehen sollte. Am späten Abend wurden wir mitten auf der Strasse aus dem Bus "gekickt". Mein Widerspruch "Bus Terminal" wurde mit Kopfnicken erwidert. Also stiegen wir aus - sicher, wieder einmal beschissen worden zu sein. Es war eine Strasse, wo alle 15 min mal ein Auto vorbei kam, keinerlei Warteräume in der Nähe. Nun kam Glatzes grosse Stunde. Mit unermüdlichem Eiffer hat er versucht, mit den wenigen Passanten ein Gespräch auf Farsi (der einheimischen Sprache) anzufangen: "Hotel kodscha aast?" Leider haben wir die Antwort nie verstanden. Nach nunmehr zwei schlecht geschlafenen Nächten und mehr als 48h unterwegs hätte ich mich auch an den Strassenrand gelegt. Wir fanden dann aber dank Glatzes unermüdlichen Versuchen ein ruhiges Zimmer - hatten aber immerhin soviel Angst, ausgeraubt zu werden, dass wir die Tür von innen verbarrikadierten.

Wir schliefen wie die Steine - es hätte uns jeder ausrauben können. Am nächsten Mittag als wir endlich erwachten, begaben wir uns wieder gen Bus Terminal und siehe da, augf einmal war hier ganz schön was los. Scheinbar werden in der Nacht alle Luken dicht gemacht. Es ging gen Shiraz. Die Wartezeit wollten wir uns mit Kartenspielen verkürzen, was aber in der Oeffentlichkeit gar nicht erwünscht ist - das wurde uns unmissverständlich klar gemacht.

In Shiraz angekommen durften wir erleben, wie sich zwei Taxifahrer um uns prügelten. Die beiden schlugen sich mit der flachen Hand auf die Köpfe - was `n Spass. Shiraz war ganz nett: Glitzermoscheen, Basar, ... am lustigsten waren aber die wackelnden Zwillingsminarette (Bosi behauptet sie würden wirklich wackeln ...).

Unsere grösste Leistung war, dass wir in einer iranischen Zeitung (natürlich arabische Schrift) die Bundesliga-Resultate herausfanden (damals ja noch mit Dynamo). Natürlich konnten wir das nicht lesen. Wir haben es uns von einen Perser vorlesen lassen - und die Deutung war noch schwer genug.

Weiter ging es nach Isfahan - der sicher schönsten Stadt im Iran. Gleich wieder viel Spass mit dem Taxifahrer - dem Hektischen. Als er seinen Kofferraum öffnete, war dieser bereits randvoll gefüllt mit Ersatzteilen für sein gutes Stück. Wir haben sofort abgewunken, aber er hat uns voller Elan die Rucksäcke aus der hand genommen und verstaut. Mit offener Kofferraumklappe ging es los. An der nächsten Kreuzung stieg er wie aufgezogen aus und zog und zerrte ...nun ja, wir sind angekommen und hatten viel Spass. In Isfahan haben wir uns die verschiedenen Künste auf den vielen Basaren vorführen lassen. Es war echt interessant.

Das nächste Ziel auf dem Weg in die Türkei sollte Teheran sein. Dort hatten wir aber so viel Stress und es gab kaum jemanden der englisch sprach, dass wir schnell wieder das Weite gesucht haben. Ralle, Glatze und Effendi wählten die direkte 50-Stunden-(Tor)Tour nach Istanbul. Eddy und ich liessen es etwas gemütlicher angehen. Zunächst zur Grenze. Dort überholten wir die einen halben Tag vor uns gestarteten Kameraden und dann arge Mühe die Tür zur Türkei geöffnet zu bekommen, nachdem wir den Iran mit einer vollständigen Sachenkontrolle (Wecker bis Klopapier) verlassen hatten. Schliesslich kamen wir gut ins kurdische Dogubaiazet, wo grössere Geschütze ihre Spuren an einigen gebäuden hinterlassen haben.

Das nächste Ziel war Kappadokien mit den herrlichen Felsformationen und Wohnhöhlen. Dann ging es über Pamukkale und Efesus nach Istanbul und von dort mit Green Air vom Frachtflughafen nach Hause.

Eine interessante Route mit vielen Eindrücken und Erlebnissen - wir waren uns jedoch einig : einmal reicht.

 

 

Ali, 1999